Worauf sich Mittelständler jetzt einstellen müssen und wie sie sich bei der abkühlenden Wirtschaft aufstellen sollten.
Die Medien berichten zurzeit fast täglich über neue Hiobs-Botschaften, die negative Auswirkungen auf die Wirtschaft in Deutschland haben. Neben immer noch hohen Personal- und Energiekosten, schärfere Regulierungen durch die Politik, Protektionismus in USA und China, wachsender Wettbewerb aus Ost-Europa und (mal wieder) Stellenabbau in der Automobilbranche stehen aktuell wohl vor allem die hohe Anzahl an Insolvenzen und das Thema Kurzarbeit im Vordergrund.
Während größere Konzerne oftmals über genügend liquide Mittel verfügen, um solch einen Wirtschaftsabschwung ohne allzu große Blessuren zu überstehen, haben es viele Mittelständler deutlich schwerer. Zum einen werden schon geplante Kundenaufträge storniert und Abnahmemengen reduziert, zum anderen werden durch die verschlechternde Wirtschaftslage in der Regel auch Preisreduktionen seitens der Kunden erwartet. Es ist somit wichtig, dass Mittelständler nun die richtigen Maßnahmen treffen, um für diese Auswirkungen gewappnet zu sein.
Um herauszufinden, welche Maßnahmen dies sind, genügt im ersten Schritt die Antwort auf die folgenden drei Fragen:
- Was sind die größten Kostenblöcke in Ihrem Unternehmen?
- Welche Kosten kann man kurz- und mittelfristig beeinflussen?
- Welche Kosten kann man langfristig beeinflussen?
In den meisten Fällen lautet die Antwort direkte Materialkosten und direkte Personalkosten, sowie einige indirekte Kosten (Reisekosten, IT, Schulungen, Bauleistungen usw.).
Während sich die direkten Personalkosten aufgrund des Absatzrückgangs oft automatisch reduzieren (Überstunden, Leiharbeiter), sollte man den Fokus auf die direkten Materialkosten legen. Eine Reduzierung dieser Kosten setzt jedoch einen effektiv und effizient arbeitenden Einkauf voraus und genau hier gibt es gerade bei Mittelständlern oft ein Problem.
Unternehmen, die aktuell noch nicht von der drohenden Rezession betroffen sind, sollten zunächst prüfen, ob der Einkauf dazu überhaupt fähig ist. Somit ergeben sich folgende Maßnahmen:
- Analyse der heutigen Einkaufsorganisation und -mannschaft
- Analyse der Kompetenzen / Fähigkeiten
- Analyse der Prozesse, Tätigkeiten und Dokumente
- Analyse der Zusammenarbeit mit anderen Fachabteilungen
- Analyse des Risikomanagements
Sollte sich herausstellen, dass der Einkauf nicht optimal aufgestellt ist, wäre die Verbesserung dessen der erste Schritt. Sollte dies nicht der Fall sein, kann man direkt mit der Kostenoptimierung starten. Letzteres gilt auch für Unternehmen, die aktuell stark von der Rezession betroffen sind und vielleicht schon rote Zahlen schreiben und Kurzarbeit fahren.
Hier haben sich folgende Maßnahmen bewährt:
- Identifikation und Analyse der werthaltigen Artikel und Dienstleistungen (Es lebe Pareto!)
- Definition der Warengruppenstrategien (kurz-, mittel- & langfristig)
- Umsetzung der Warengruppenstrategien mit Fokus auf:
- (globale) Ausschreibungen
- Verhandlungen
- Ggf. Lieferantenwechsel und
- Cost Engineering (Produktkosten- & Wertanalysen)
- Nachverhandlung bestehender Preisvereinbarungen
- Cost-Down-Workshops mit Lieferanten
Da ein Umsatz- und damit auch Gewinnrückgang zu einer Reduktion der liquiden Mittel führt, sollten Unternehmen auch den Cashflow verbessern. Die wichtigsten Maßnahmen wären hier:
- Reduktion der Lagerkosten durch Optimierung der Dispositionsparameter
- Verbesserung der Zahlungsbedingungen
- Optimierung der Sales & Operations Planning
- Vereinbarung von Konsignationsläger mit Lieferanten
Wie in 2021 gilt auch hier wieder: „Abwarten und Tee trinken“ ist keine gute Idee! Unabhängig von der aktuellen finanziellen Situation, ist jetzt die richtige Zeit, die Kosten zu reduzieren. Auch für Firmen, denen es noch gut geht ist ein proaktives Handeln empfehlenswert. Denn wenn man mit den genannten Maßnahmen erst dann anfängt, wenn der Abschwung das Unternehmen voll trifft, ist es entweder zu spät oder die Maßnahmen kosten mehr Aufwand und Geld als einem vielleicht lieb ist.
Autor: Hans Boot
Titelbild: Paul Brennan